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 Test VT750C2
 VT 750 - VN 800
 Techn. Daten

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VT750C2_AUSPUFF
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Test Honda VT 750 C2

Dem Wahren, Schönen, Guten

Die Konzentration aufs Wesentliche - darum geht´s: Honda hat verstanden.

Von Monika Schulz

Dieser Lenker, meine Güte - was für ein Lenker: so breit, so flach, so unverschämt souverän. Und diese riesige, blitzblanke Lampe, in der man die Wetterlage auf 200 Kilometer Entfernung peilen kann. Dann die Gabelbrücke - Aluminium, gebürstet - mit drei sauber eingearbeiteten Kontrolleuchten. Die verkleideten Standrohre, der Tacho im Klassik-Look, das Urbild von Tank: Honda hat´s einfach raus. Weiß, daß es jetzt, da Cruiser wie Pilze aus dem Boden schießen, dringender denn je auf gutes Styling ankommt. Und die VT 750 C2 Shadow ACE, so heißt die Neue mit Vor- und Zuname, gehört ganz bestimmt zu den bestaussehenden Flacheisen auf dem Markt.
Nichts an ihr wirkt aufgesetzt oder gar albern, was angesichts des Retro-Designs und diverser verchromter Plastikteile auch gründlich hätte schiefgehen können. Doch macht die VT so selbstverständlich auf Oldie, daß man ihr sogar Weißwandreifen und einen Schwingsattel abkaufen würde.
Aber wehe, wenn sie angelassen. In dem Moment, da das gute Stück die ersten Töne von sich gibt, ist´s vorbei mit den Phantasien: Leise plätschernd entweicht dem Schalldämpfer genau das, was der Gesetzgeber wünscht. Vorbei ist’s mit den Brüllrohrzeiten, und das mag bedauern, wer will. Aber daß man schon ein feines Gehör braucht, um überhaupt etwas zu vernehmen, ist ein Trauerspiel. Denn angenehmer Klang hat schließlich nichts mit Lärm zu tun.
Ähnlich zurückhaltend, wie er tönt, agiert der V-Zweizylinder auch: frei jedweden unkultivierten Gebarens, ohne nennenswertes Temperament. Durchzugs- und Beschleunigungsaktivitäten geht er betont gemächlich an. Kein Wunder allerdings, wenn man bedenkt, daß der Dreiventiler lediglich 45 Pferdestärken mobilisieren kann und immerhin 249 Kilogramm auf Trab bringen muß. Zum schaltfaulen Herumcruisen bei besinnlichen Drehzahlen taugt der VT-Motor aber allemal. Denn selbst im fünften Gang hängt er ab etwa 40 km/h in gepflegter Manier am Gas.
Von seiner grünen Seite zeigt sich das wassergekühlte Triebwerk beim Thema Umweltbewußtsein: trumpft zum einen mit diesem abgasreinigenden Sekundärluft-System auf und besticht zum anderen durch seinen relativ niedrigen Spritverbrauch. Im alltäglichen Landstraßenbetrieb begnügt sich der Vau-Zwo mit 4,8 Litern, bei konstant 100 km/h verbraucht er nur noch 3,5 Liter, und so richtige Sonntagsfahrer bekämen nach 100 Kilometern vielleicht sogar ein Literchen zurück.
Mag sein, daß die ermittelte Höchstgeschwindigkeit - sie liegt bei 155 km/h -abends bei zwei, drei Bierchen mal an Relevanz gewinnt. Im richtigen Leben hat sie allerdings so gut wie gar nichts zu bedeuten: Denn ein gewöhnlich sterblicher Mensch gerät bei diesem Tempo auf der VT derartig unter Druck, daß er über kurz oder lang aufgibt. Schon ab 130 km/h hängt der Körper im Fahrtwind wie ein aufgespannter Regenschirm.
Lässig fühlt sich C2 fahren zwischen 80 und 100 km/h an: Du sitzt im behaglichen Sattel, die Füße weit von dir gestreckt, schwenkst die Fuhre durch die Gegend, und die Straße gehört dir. Fast so schön wie in diesen Werbefilmen, nur eben ohne Musik. Du spürst: Hier stimmt etwas Wesentliches. Und das Verrückte daran ist, daß das ziemlich wenig damit zu tun hat, ob man aufs Cruisen steht oder nicht, daß es nicht mal sonderlich eng mit der Honda im allgemeinen zusammenhängt, sondern viel mehr mit diesem mächtigen Lenker und dem beschriebenen Drumherum. Genau das ist es, was der VT 750 C2 einen ganz besonderen Touch verleiht.
Nun hat diese extrabreite Segelstange aber noch andere Vorzüge als gut auszusehen und feierliche Gefühle zu vermitteln: Sie trägt entscheidend zum bemerkenswert leichten Umgang mit der gewichtigen Honda bei. Durch die enorme Hebelwirkung läßt sich das Dickschiff nahezu mühelos durch die Lande manövrieren.
Mit dem Federn und Dämpfen nehmen´s Cruiser bekanntlich nicht sonderlich genau. Die VT macht da keine Ausnahme: Ihre Gabel spricht zwar sensibel an, geht dafür aber früh und vehement auf Block, während die beiden Federbeine so straff ausgelegt sind, daß die Hinterhand auf schlechten Straßen schon mal kräftigere Schläge austeilt. Doch man kann eben nicht alles haben: Niedrige Sitzhöhen verlangen nach kurzen Federwegen, kurze Federwege nach härterer Abstimmung.
Da die meisten dieser erdverbundenen Wuchtbrummer aber ohnehin nicht in höhere Geschwindigkeitssphären vordringen, können sie sich die ein oder andere Fahrwerksschwäche erlauben. Freilich nur solange sie nicht ins Trudeln gerät, was die VT gottlob nicht macht. Sie bleibt stets stabil, schaukelt sich nicht auf und zappelt sich nicht ab. Allein Spurrillen bringen sie aus dem Konzept: Kaum kreuzt eine den Weg, schon läuft ihr die Honda hinterher. Ohne Frage eine verzeihbare Schwäche, die in Cruiser-Kreisen übrigens weit verbreitet ist. Weniger bekannt sind dort passabel funktionierende Bremsen, doch damit kann die C2 dienen.
Dem Guten verpflichtet, hat sich Honda bei der VT 750 C2 aufs Wesentliche konzentriert. Herausgekommen ist ein wahrhafter Cruiser. Doch das Schönste an der Sache, das wissen Sie noch gar nicht: Die VT ist erschwinglich, der Preis ist heiß. Oder meinen Sie, 13790 Mark sind zuviel für einen Lenker?


Jetzt schauen Sie sich diesen Lenker noch mal an. Okay, Sie müssen sich ja nicht gleich entscheiden. Aber glauben Sie´s ruhig: Wenn man ihn in den Händen hält, wird alles ziemlich gut. Die VT 750 vermittelt genau das, was ein Cruiser vermitteln soll: Gelassenheit. Schon nach 50 Kilometern fällt einem nicht mehr, warum man anfangs dachte, der V2 habe zu wenig Leistung. Für mich ist die C2 ein rundum gelungenes Motorrad: stabiles Fahrwerk, sparsamer Motor, gutes Design, fairer Preis.
Monika Schulz

 

 

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